Actioncam Zum Tauchen

Posted on Saturday, Oct 1, 2022
Viele Taucher haben eine Actioncam dabei. Doch sind hier ernsthaft gute Bilder zu erwarten? Gibt es etwa bessere Alternativen? Und was kann man machen, um für ein gelungenes Bild zu sorgen? Martin und Jan klären diese Probleme in der aktuellen Folge…

Show Notes

Disclaimer: Die in diesem Podcast getätigten Aussagen spiegeln lediglich die Meinungen der Produzenten wieder. Obwohl wir die Aussagen im Podcast reflektiert und nach Möglichkeit auf der Basis wissenschaftlicher und technischer Standards treffen, bleibt die verantwortungsbewusste Nutzung dieser Informationen dem Hörer überlassen! Taucht nicht über eure eigenen Grenzen und der eurer Buddies! Haltet euch an eure Zertifizierung und besucht praktische Trainings und Kurse, um eure taucherischen Fähigkeiten zu verbessern.

Die Frage nach der “richtigen” Kamera kommt bei vielen Tauchern früher oder später auf. Gründe hierfür sind in den wenigsten Fällen der Wunsch nach “High-End” Bildern, sondern vielmehr der nahende Urlaub, welcher festgehalten werden soll. Auf der einen Seite will man anständige Bilder - aber auch nicht zu viel ausgeben. Und am besten auch noch das Reisegepäck flach halten. Was ist also die ideale Kamera? Der Griff zu der leichten Actioncam ist verlockend… Und die Frage stellt sich nicht nur im Tauchsport.

Hinweis: Wir kommen im Podcast immer wieder auf die “Gopro” oder auch andere Kameratypen zu sprechen. Auch wenn wir hier Namen verwenden, gelten die Limitationen und Überlegungen für alle Hersteller. Auch die Spezifikationen ähneln sich oft sehr stark.

Schüler und frisch zertifizierte Taucher sollten, genau wie auch die Erfahrenen unter uns, bei der **Mitnahme einer Kamera immer vorsichtig sein und auch bedenken, dass die Kamera an sich Risiken birgt. Hierzu gehören Ablenkung und zusätzlicher Stress… **Gerade eine kleine Kamera verleitet dazu, die “menschlichen” Faktoren zu vernachlässigen. Also lieber erstmal mit der Ausrüstung sicher werden und im Wasser sowie am Tauchspot mit den Bedingungen vertraut machen.

Auch im professionellen Einsatz als Fotograf begleitet mich ab und an eine Actioncam. Diese ist hierbei aber nicht das Hauptwerkzeug, sondern dient als Tool für spezielle Aufnahmeperspektiven. Actioncams können gut ferngesteuert und montiert werden, z.B. an einem Auto oder Flugzeug.

DIe Actioncam muss allerdings nicht die beste Lösung für jeden Anwendungszweck sein. Verschiedene Fotografielösungen sind am Markt verfügbar und reichen von großen, klobigen Unterwassergehäusen mit großen Sensoren und professioneller Beleuchtung über wasserdichte Kompaktkameras bis hin zu Actioncams oder wasserdichten Handyhüllen. Es gilt, die eigenen Absichten zu hinterfragen und eine individuelle Lösung zu finden.

Wie kommt aber technisch gesehen ein gutes Bild zu Stande und welche Faktoren können wir beeinflussen?

Grundlage sind immer die physikalischen Eigenschaften von Licht. Diese gelten für alle Kameras in gleichem Maß. Die Software kann schließlich nur mit den Daten des Sensors arbeiten, die vorhanden sind.

Eine Linse der Kamera muss möglichst viel Licht zum Sensor lassen und dabei möglichst wenig optische Fehler verursachen. Je mehr Licht zum Sensor vordringt, desto mehr kann dieser dann verarbeiten. Dabei zählt allerdings nicht nur die (häufig große) Frontfläche der Linse, sondern vielmehr der engste Punkt der Optik. Dieser wird mit der größtmöglichen Lichtleistung in Blendenwerten ausgedrückt. Je kleiner die angegebene Zahl ist, desto besser ist der Lichtdurchlass. So lässt eine Optik mit dem Wert f 1.4 mehr Licht ein, als eine Optik mit dem Wert f 5.6. Aber Achtung: Die Werte lassen sich nicht direkt vergleichen, sondern müssen zum Bildsensor in Relation gesetzt werden…

Der Bildsensor muss nun seinerseits mit dem vorhandenen Licht gut umgehen können. Hierbei ist allerdings eine hohe Megapixelzahl nicht immer von Vorteil: Die hohe Sensordichte auf dem Chip hat zu Folge, dass die einzelen Sensorzelle auch kleiner ist und weniger Licht aufnimmt. Durch die dünnere Bauart der Kontakte wird außerdem die Störanfälligkeit bei hohen Empfindlichkeiten (hohe ISO-Werte) in schlechtem Licht größer und es kann Bildrauschen schon früher entstehen. Während ich im alltäglichen Einsatz “über Wasser” mit 24 Megapixel (MP) fotografiere, kommt unter Wasser eher ein Kamerabody mit 12 MP zum Einsatz. Dieser Sensor performt auch unter dunklen Lichtverhältnissen sehr gut und ist wenig anfällig für Bildrauschen. Viel entscheidender ist außerdem die Gesamtgröße des Sensors. Ein großer Sensor hat in der Regel bei schlechtem Licht eine bessere Leistung. Genauso wie eine große Solaranlage auf dem Dach mehr Strom produziert…

Bei vielen Lesern dieses Artikels wird an dieser Stelle die Sorge aufkommen, ob ein Ausdruck des Bildes dann mit einer geringen Megapixelzahl überhaupt möglich ist. Hier kann ich beruhigen: Ein großes Bild schaut man in der Regel nur aus einer gewissen Entfernung an. Aus der Distanz sieht man dann allerdings keine Pixel mehr. Den Effekt kann man bei Bandenreklame im Stadion erleben: Die dortigen Großdrucke haben oft lächerlich geringe Auflösungen, da niemand in die Nähe der Drucke kommt.

Ein weiterer Faktor ist die Brennweite der verwendeten Kamera. Actioncams sind im Regelfall eher weitwinklig gebaut und fangen somit einen weiten Bildwinkel ein. Das ist beim “blinden” Filmen am Helm oder ähnlich auch gut so, da viel von der Action eingefangen wird. Beim “normalen” filmen oder fotografieren wählt man hier dann gerne einen engeren Ausschnitt des Bildes aus und nutzt nur einen kleineren Teil des Bildsensors. Die Bildqualität steigt hierbei nicht, sondern nur die Anzahl der Pixel des Bildes sinkt.

Im Gegensatz dazu verändert ein optischer Zoom am Objektiv den Gang des Lichtes und nutzt immer den ganzen Bildsensor.

Wie schneidet jetzt aber eine normale Actioncam (Stand des Artikel 2022) im Vergleich zu anderen Kameras ab?

In der Tabelle haben wir für euch die Spezifikationen verschiedener Lösungen aufgelistet. Dabei unterschieden sich die Produkte verschiedener Hersteller weniger, als man denken würde.

Kamera Preis Sensor Brennweite Lichtstärke in Blendenwerten Auflösung
GoPro Hero 10 400 EUR 1 / 2.3” 12,7 mm 2.5 23 MP
GoPro Case 300 EUR
IPhone 13 Pro 1150 EUR wide: 1 / 1.9”

ultra wide & tele: 1 / 3.4”

13 - 77 mm 1.6 - 2.8 12 MP
IPhone Case 300 EUR
Sony ZV 1 880 EUR 1” 9,4 - 25,7 mm 1.8 - 2.8 20,1 MP
Sony ZV 1 Case 500 EUR
Olympus TG6 + Gehaeuse 730 EUR 1/2.3" 25 - 100mm (35mm equivalent) ?? 12 MP

Sicherlich beachten muss man, dass die Lichtstärke und Brennweite mittels eines sogenannten Cropfaktors in Bezug zum Bildsensor gebracht werden muss. Es fällt auf, dass die technischen Unterschiede hierbei auch zwischen Actioncam, Handy und Kompaktkamera gar nicht so groß sind. Der größte Faktor ist hier die Sensorgröße und somit indirekt die Performance unter schlechter Lichtleistung.

Um nun eine gute Lösung für die eigene Anwendung zu finden, machte es Sinn, sich die Erwartungen an die Kamera zu überlegen.

Diese könnten sein:

Mobilität - will ich vor allem Reisegewicht sparen und wenig Platz im Koffer nutzen?

Ein Unterwassergehäuse ist hier oft ein wenig klobig.

Manuelles Eingreifen - Will ich eine Kamera, die ich selber auch weiter einstellen kann und auch in der Zukunft für einen Fotokurs nutzen kann? Oder vllt. auch an Land bei einer Reise? Dann ist hier eine Kompaktkamera oft die bessere Wahl.

Konnektivität - will ich die Bilder am liebsten sofort posten oder reicht mir die Speicherung auf der Karte für später? Das ist natürlich beim Handy optimal.

Was ist mein Einsatzgebiet - In lokalen Kaltgewässern oder im hellen, warmen Mittelmeer? Im kalten sind große Bedienelemente sehr wichtig…

Eine weitere Lösung kann auch eine gute Unterwasserhülle für das Mobiltelefon sein: Hier gibt es für akzeptables Geld mittlerweile gute Lösungen, die für das Sporttauchen bis 40 Meter zertifiziert sind. Die Bedienung erfolgt mittels externer Tasten und eine manuelle Belichtung mit individuellen Einstellungen ist auch möglich. Die Kamera eines Handys ist dabei mit einer Actioncam in vielen Fällen oft vergleichbar. Die Konnektivität ist optimal und das Gewicht im Flieger extrem optimiert.

Jede Kamera erreicht aber auch irgendwo ihre Grenze. Dann braucht es externe Beleuchtung etc., um die Bildqualität zu verbessern und der Ausrüstungs- und Platzbedarf steigt.

Wie können wir aber aus dem bestehenden Kamerasystem die beste Bildqualität herausholen ohne den Ausrüstungsaufwand ins Massive zu steigern?

Hier haben wir für euch ein paar Tipps zusammengetragen:

Fotografiert RAW-Dateien

Bei diesem Bildformat werden noch mehr Daten des Sensors abgespeichert und ich kann hinterher mit einer Bildbearbeitungssoftware (RAW-Converter) noch optimieren. Diese Einstellung ist, unter verschiedenen Namen, bei fast allen Kameras und auch Mobiltelefonen verfügbar. Der Nachteil: Ich benötige mehr Speicherplatz und muss noch Zeit in die Nachbearbeitung investieren. Alternativ kann man auch beide Optionen (jpg und RAW) speichern und das RAW nur bei Bedarf bearbeiten.

Geeignete Bildsoftware gibt es kostenpflichtig (Lightroom, etc.) oder kostenfrei (Darktable, etc.). Auch die Kamerahersteller liefern meistens eine Software. Interessierte finden auf youtube.com viele Introvideos zur Bildbearbeitung mit verschiedenen Softwaren. Es gilt: Übung macht auch hier den Meister…

Die Bildbelichtung

Bei den meisten Kameras kann die Belichtungsautomatik angepasst werden. Die Kamera versucht meistens, das Bild so zu belichten, dass eine graue Fläche optimal belichtet wäre. Ein sehr dunkles Motiv wird also automatisch überbelichtet und umgekehrt. Wenn ich die Belichtung anpassen will, so kann ich dies meistens mit der sogenannten Belichtungskorrektur machen und die Belichtung in Blendenwerten anpassen. Als Faustformel kann man sagen, dass ein Bild (gerade bei RAW-Daten) immer ein wenig zu dunkel belichtet werden sollte. Die hellen Flecken in Bildern sind “ausgebrannt” und verloren. Aus den dunklen Anteilen kann man oft erstaunlich viele Infos retten und anpassen. Für die ältere Generation unter uns: Bei analogen Filmen war und ist das genau umgekehrt…

Bearbeitet Bilder nach und überlegt bewusst, was euch an den Bildern (nicht oder besonders gut) gefällt. So könnt ihr in Zukunft bewusst einen Fokus legen.

Achtet auf die Motivkomposition und fotografiert bewusst.

Übt das Fotografieren und den Umgang mit der Kamera. Das am besten auch zu Hause, an der Oberfläche und in lokalen Gewässern. Auch die Badeanstalt oder der Poolworkshop ist eine gute Gelegenheit. So müsst ihr im Urlaub keine Zeit vertun und ihr entdeckt Probleme noch zuhause, wo ihr nachsteuern könnt. Das sorgt dafür, dass die Urlaubsstimmung nicht in den ersten Tagen wegen einem undichten Gehäuse in den Keller geht. Und wenn die Waalhaie kommen soll es ja auch schnell gehen… :-)

An irgendeinem Punkt braucht es meistens zusätzliches Licht. Hier gilt die Devise: Weniger ist mehr! Hochwertige Lampen haben ihre Darseinsberechtigung - keine Frage. Diese sind aber mit einem Handy oder einer Kompaktkamera meistens übertrieben und lassen sich im Urlaubsbudget vor dem Partner oder der Partnerin nur rechtfertigen, wenn der Rest der Kameraausrüstung auch noch wächst. Außerdem ist zu viel Licht auch schädlich: Schwebeteilchen reflektieren Licht und werden sichtbar. Ausreichend ist meistens eine kleine Tauchlampe mit einem weichen Lichtkegel. Manche Lampen haben einen speziellen Modus - andere können mit einem “Diffusor” ausgestattet werden, welcher das Licht weich macht. Probiert aus und leiht euch vor dem Kauf auch einmal zum Test etwas aus…

Um mit Schwebeteilchen umzugehen, kann man das Licht etwas zur Seite nehmen. So reflektieren die Teilchen weniger. Außerdem hebt ein seitliches Licht die Schatten etwas hervor und macht das Motiv plastischer. Auch ohne einen Kameraarm kann man das mit einem geduldigen Buddy erreichen, der das Licht für den Fotografen in Position hält. Vielleicht im Tausch gegen die gleiche Assistenz auf dem folgenden Tauchgang oder ein kühles Bier am Abend…

Netter Nebeneffekt: Ich weis, dass der Buddy noch da ist. Übung macht auch hier den Meister - einfach ausprobieren…

Am besten fotografiert es sich zu zweit: Tut euch mit anderen Unterwasserfotografen zusammen. So könnt ihr euch austauschen, gemeinsam lernen und habt die Gewissheit, dass euer Buddy Verständnis für euch hat, wenn ihr wieder quer über einem Baumstamm hängt und auf den Fisch wartet.

Ich persönlich lege, gerade mit Trockenhandschuhen, Wert auf eine gute Bedienbarkeit der Kamera. In manchen Fällen kann man selbst optimieren und die Funktionsknöpfe optimal belegen. Es gibt auch für schmales Geld nützliches Zubehör wie Griffe und vergrößerte Tasten. EInfach online für die eigene Kamera und das eigene Gehäuse umschauen. Ein kleiner Clip oder Bungee hilft, die Kamera zu verstauen. Beachtet allerdings immer eure Konfiguration, damit die wichtigen Teile frei sind (Octopus, Longhose, etc.).

Ein lokaler Guide hilft euch dabei, gute Motive vor Ort zu finden. Deshalb ist ein Tauchgang mit einem Fotoguide meistens eine gute Investition.

Sprecht euer lokales Tauchcenter, Buddies oder auch das Tauchcenter am Urlaubsort an. Eine rechtzeitige E-Mail hilft bei der Organisation des Guides am Urlaubsort…

In diesem Sinne: Wir wissen es doch auch nicht - aber lasst uns doch mal drüber reden!

Genießt eure Zeit! Bis zur nächsten Folge wünschen wir euch schöne Tauchgänge und “Gut Luft”!