Disclaimer: Die in diesem Podcast getätigten Aussagen spiegeln lediglich die Meinungen der Produzenten wieder. Obwohl wir die Aussagen im Podcast reflektiert und nach Möglichkeit auf der Basis wissenschaftlicher und technischer Standards treffen, bleibt die verantwortungsbewusste Nutzung dieser Informationen dem Hörer überlassen! Taucht nicht über eure eigenen Grenzen und der eurer Buddies! Haltet euch an eure Zertifizierung und besucht praktische Trainings und Kurse, um eure taucherischen Fähigkeiten zu verbessern.
Irgendwie treffen da zwei Welten aufeinander: Im Urlaub im warmen Wasser ist alles bunt, viele Fische und man kann easy im Nassanzug ins Wasser. Die Sichtweiten sind gigantisch. Im Gegensatz dazu ist es zuhause im Kaltwasser eher ein großer Aufwand, man schwitzt - gerade im Sommer - im Trockentauchanzug und die Sichtweiten.. Na ja, lassen wir das… Das Kaltwassertauchen in heimischen Gewässern hat eher die Qualität von Tieftauchen in Warmwasser: Es geht oftmals nicht um Fische und buntes Leben, sondern eher um Strukturen, Wracks und Gebäudereste unter Wasser. Manchmal trifft man auch auf künstliche Strukturen, die das Tauchrevier interessant machen sollen. Das ist manchmal gut gelungen und manchmal eher creepy. Schön können auch Steilwände sein.
Bei Bergseen beispielsweise zählt nicht nur die Qualität unter Wasser, sondern auch die Atmosphäre während der Oberflächenpause.
Außerdem habe ich zuhause die Chance, nicht nur verschiedene Ausrüstung zu testen, sondern auch verschiedene Tauchcenter auszuprobieren. An einer Urlaubslocation bin ich eher eingeschränkt und wenn ich mit dem Staff nicht klarkomme, dann kann der Urlaub schnell vor die Hunde gehen. Zuhause sind mit ein wenig Recherche oft verschiedene Schulen und Clubs zu finden, bei denen man Anschluss findet.
Zumindest bei uns findet sich im Sommer irgendwo im Flachwasser eine Sprungschicht mit schlechter Sicht. Diese entsteht durch das Algenwachstum und biologische Prozesse. Unterhalb der Sprungschicht und manchmal auch darüber sind die Sichtweiten erstaunlich gut. Das verleitet dazu, auch bei den “flachen” Tauchgängen einmal kurz unterhalb der Sprungschicht nach dem Rechten zu schauen und danach oberhalb der Sprungschicht flach auszutauchen. Was ist man gewohnt? Wenn man natürlich im Tropischen mit dem Tauchen angefangen hat, dann ist der Schock in den heimischen Seen um so größer und die Sichtweiten können so manchen Warmwasser Erfahrenen schockieren. Für diejenigen, welche im Kaltwasser mit dem Tauchen angefangen haben, fällt die positive Überraschung im Urlaub umso größer aus.
Den größten Unterschied findet man im Isolationssystem: Im Kaltwasser sind die meisten Taucher mit Trockentauchanzug unterwegs. Das impliziert einen geeigneten Unterzieher, ggf. Trockenhandschuhe und eine entsprechend dicke Haube. Manche Hartgesottenen sind auch mit Halbtrockenanzug und ggf. Eisweste unterwegs. Die genaue Konfiguration ist aber auch eine Frage der Tauchtiefe und der Tauchgangsdauer. Zumindest im Sommer kann man in Schweizer Seen auch flache Tauchgänge im Nassanzug machen. Der zweite Unterschied ist die Kaltwasserkonfiguration der Atemregler. Die Flasche sollte über einen Doppelabgang verfügen, an dem zwei erste Stufen angebracht sind. Hierdurch werden der primäre Atemregler und der Octopus baulich unabhängig. Im Falls der Vereisens kann so der Buddy den betroffenen Abgang abstellen und das Gas sichern. Achtung: Hierfür reicht also ein simpler Y-Adapter am Monoventil nicht aus. Es braucht zwei separat regelbare Abgänge. Atemregler sollten im Idealfall nicht nur für Kaltwasser zertifiziert sein, sondern auch explizit dafür entwickelt. Große Anteile an leitfähigem Metall sorgen für einen Temperaturausgleich und senken die Gefahr des Vereisens. Mit dem Trocki braucht man mehr Blei und somit muss auch das BCD meh Auftriebskraft erzeugen können. Mit einem leichten Reisejacket kann das schon knapp werden. Die meisten Jackets werden ohne Flasche und Taucher zertifiziert und erbringen in betriebsbereitem Zustand nur ca. 75% der vom Hersteller genannten Auftriebskraft.
Das alles macht natürlich im Vergleich zur Warmwasserausrüstung auch einen preislichen Unterschied…
In heimischen Gefilden korreliert die Wassertemperatur mit der Sichtweite: Wenn die Sonne scheint, dann wachsen Algen und die Sicht nimmt ab. Das gilt insbesondere im flachen Wasser und oft bildet sich eine Sprungschicht aus. In den meisten Seen folgt die Sichtweite einem gewissen Rhythmus über den Jahresverlauf und mit ein wenig Erfahrung kann man die Sicht vorhersehen. In Fließgewässern ist die Sicht dann nochmal mehr von Regenfällen, aber auch von Stauwehren abhängig. Es braucht schon ein wenig Erfahrung, um die Strömungsgeschwindigkeiten einzuschätzen. Von den erfahrenen Tauchern kann man in den heimischen Gewässern die wichtigen Kriterien erfahren. Meistens gibt es Messstationen oder Webcams, die sich online abfragen lassen. Manche Seen sind auch eher Wintertauchplätze, weil nur dann die Sicht wirklich gut ist.
Wir hatten es schon in unserer Folge “Warum gehen wir tauchen?” angesprochen: Die Motivation jedes Tauchers ist eine andere. Wenn ich nur ins Wasser gehe, um bunte Korallen und Fische zu sehen, dann werde ich vermutlich zuhause einfach nicht glücklich werden. Manta, Großfisch und Haie gibt es eigentlich nie in Baggerseen und auch die vorhandenen Exemplare sind aus Metall ;-)
Man darf sich von den Tauchplätzen während Kursen nicht täuschen lassen: Diese sind eher aufgrund der Sicherheit gewählt und oft erstaunlich unspektakulär. In den meisten Seen ist der Boden eher Schlick und bei Bodenkontakt ist die Sicht weg. Das ist im Meer einfacher, weil sich Sand schneller wieder setzt. Die wirklich schönen Tauchplätze sind dann eher weniger für Schulungen geeignet, weil es eine gute Tarierfähigkeit braucht, bspw. an Steilwänden.
Die Gesamtexperience ist zuhause auch eine andere: Im Urlaub bin ich es vermutlich gewohnt, dass mir die eifrigen Helfer die Flasch aufs Boot liefern und ich meine Ausrüstung nur zusammenbauen brauche. Leere Flaschen entsorgt sofort die Bootscrew und nach drei Schritten bin ich im Kühlen nass. Zum Vergleich: Zuhause muss ich mein Auto laden, selber füllen gehen, vor Ort alles zusammen bauen und dann auch noch einen Moment in voller Ausrüstung laufen. Später muss alles gereinigt und versorgt werden. Ich muss zugeben: Der Aufwand ist höher und schnell ist ein ganzer Tag weg.
Das Problem ist im Sommer auch immer das gleiche: Alle wollen ins Wasser, geschult wird auch. Dementsprechend ist an den guten Tauchplätzen eigentlich zu späterer Stunde kaum noch ein Stellplatz zu finden und man konkurriert mit Badegästen und SUPlern. Die Lösung kann frühes Aufstehen sein. Für diejenigen, die wie ich Morgenmuffel sind: Ich gehe eher unter der Woche oder am Abend ins Wasser. Da habe ich die Tauchplätze für mich alleine und kann ganz bequem beim Einstieg parken.
Auch wenn es kontraintuitiv wirkt: Oft ist der Winter besser geeignet, um mit dem heimischen Tauchen zu beginnen. Die Wasserqualität ist besser, die Parkplätze leer und man ist unter sich. Außerdem schwitzt man nicht im Trocki. Ein guter Sweet Spot kann das Frühjahr oder der Herbst sein, wenn es für Schulungstauchgänge noch zu kalt ist. Man erfriert nicht beim Anziehen und unter Wasser ist es auch noch schöne. Außerdem hat man den ganzen Sommer vor sich…
Mit der Wahl des richtigen Unterziehers kann man einen Trockentauchanzug (gerade Trilaminat) auch in sehr warmen Gewässern tauchen, weil ja genau genommen nur der Unterzieher isoliert. Mehrere Unterzieher können also Sinn machen. Im Winter hilft eine Heizung bei der Kälte, aber das ist eine Folge für sich… Mit der richtigen Wahl wird bei jedem Wetter das Trockitauchen zum Pyjama Tauchen. Viele Tauchkameraden sind auch im Warmwasser mit dem Trocki unterwegs, weil einfach die Vorbereitung und das Anziehen angenehmer ist.
Wenn ihr mit dem Trocki anfangen wollt: Achtet darauf, das erstmal mit einem gut passenden Leihtrocki auszutesten, bevor ihr euch in Unkosten stürzt. Das sollte auch jede gute Tauchschule anbieten. Auf Nachfrage gibt es oft auch zuerst einen Trocki “Trydive”, bei dem man noch nicht mit Übungen beschäftigt ist und sich mal in den Trocki einfühlen kann.
In diesem Sinne: Nicht unterkriegen lassen und dem lokalen Kaltwasser eine Chance geben. Und zwar an verschiedenen Tauchplätzen zu verschiedenen Zeitpunkten. Fragt die erfahrenen Locals und holt euch Tipps.