Feedback Geben Und Nehmen

Posted on Monday, Jan 1, 2024
Die Situation ist einfach und bestimmt vielen von uns bekannt: Ein eigentlich gut gemeintes Feedback eskaliert und ist dann auch nicht mehr annehmbar. Das bringt uns zur Frage: Wie kann man Feedback besser und konstruktiv gestalten?

Show Notes

Disclaimer: Die in diesem Podcast getätigten Aussagen spiegeln lediglich die Meinungen der Produzenten wieder. Obwohl wir die Aussagen im Podcast reflektiert und nach Möglichkeit auf der Basis wissenschaftlicher und technischer Standards treffen, bleibt die verantwortungsbewusste Nutzung dieser Informationen dem Hörer überlassen! Taucht nicht über eure eigenen Grenzen und der eurer Buddies! Haltet euch an eure Zertifizierung und besucht praktische Trainings und Kurse, um eure taucherischen Fähigkeiten zu verbessern.

Die Situation ist einfach und bestimmt vielen von uns bekannt: Entweder von der Arbeit oder tatsächlich auch vom Tauchen… Ein eigentlich gut gemeintes Feedback eskaliert und ist dann auch nicht mehr annehmbar. So ist das auch in unserem Urlaub in Rapallo: Eine Instruktorin kommt mit dem Schüler aus dem Wasser. Dieser wird dann erstmal vor der ganzen Bootscrew und natürlich den anderen Gästen lautstark rund gemacht. Den Schüler hat man am nächsten Tag nur noch zum Bezahlen gesehen. Ist ja auch logisch: Anschreien lassen mag sich keiner von uns - gerade, wenn man Geld bezahlt hat. Dabei ist Feedback doch eigentlich ein essentieller Bestandteil eines Kurses und auch zur Verbesserung der Einzel- oder Gruppenperformance dringend notwendig. Das bringt uns zur Frage: Wie kann man Feedback besser und konstruktiv gestalten?

Feedback vs. Debriefing

Während Feedback einfach nur der Austausch einer Information zum Verhalten ist, findet Debriefing als geordneter Prozess in Gruppen statt. Debriefing ist dabei ein geordneter und im Idealfall moderierter Prozess mit einem klaren Ziel. Debriefing ist meistens gezielt geplant. Feedback kommt hingegen oft spontan und in kleinen Teams zum Einsatz. Feedback kann ein Bestandteil des geordneten Debriefings sein.

Gefragtes vs. ungefragtes Feedback

Feedback kann in verschiedenen Situationen stattfinden. Entweder in einer gefragten Situation, auch auf direkte Ansprache, oder auch ungefragt und unerwartet. Ungefragtes Feedback kann zum Beispiel beim Tauchbuddy stattfinden, wenn man gerade aus dem Wasser kommt und der Tauchgang anders verlaufen ist als geplant. Erfragtes Feedback findet bspw. in Kursen statt, wenn der Teilnehmer einen Instructor gebucht hat. Aber Achtung: Auch in dieser Situation haben die Teilnehmer unterschiedliche Erwartungen und manchmal ist Feedback gar nicht gewollt. Es hilft hier, bei der Kursbuchung und auch zu Beginn des Kurses klar die Rolle des Instructors zu kommunizieren und die eigene Philosophie. Im Idealfall vertritt das ganze Center die gleiche Meinung und hat einen entsprechenden Ruf. Mit ein bisschen Abstand kann der Teilnehmer seinen Standpunkt zum zukünftigen Feedback überdenken.

Wenn Feedback geplant ist, macht es Sinn, dessen Ziel und Strategie rechtzeitig zu vereinbaren.

Wie kann man ungefragtes Feedback geben?

Das Ziel sollte es sein, den Empfänger in eine Situation zu bringen, in welcher er mit dem Feedback konstruktiv umgehen kann. Die Gefahr ist groß, den Buddy / Teilnehmer / anderen Taucher durch unvorsichtige Kommunikation in eine defensive Rolle zu drängen: Hier distanziert sich der Empfänger von der eigentlichen Botschaft. Es kann helfen, das eigentliche Feedback in eine gute Botschaft zu verpacken, welche die Sorgen und Ziele mittransportiert. So tut sich der Empfänger einfacher, die Botschaft korrekt einzuordnen.

Ein gängiges Modell ist das “Wahrnehmung - Wirkung - Wunsch”. Die erste Stufe dabei ist die sachliche Beobachtung.

Beispiel: “Ich habe dann auf 21 Meter gesehen, dass du schon dein Dekogas geatmet hast (Beobachtung). Ich weis, dass hierbei durch die vielen Flaschen ein Risiko entsteht, einen Sauerstoffkrampf zu erleiden. Das macht mir Sorgen. (Wirkung) Ich fände es super, wenn wir unseren Gaswechsel anzeigen, damit der Buddy das Gas checkt und wir dieses Risiko vermindern (Wunsch).”

Das geführte Debriefing

Für ein vollständiges Debriefing in einer Gruppe gibt es verschiedene Modelle. Eines davon, welches recht einfach zu verwenden ist, ist der After Action Review. Detaillierte Infos gibt es hier: https://www.tu-braunschweig.de/index.php?eID=dumpFile&t=f&f=36439&token=a5a132d1de876d29a628058feed0a9f114b2b398 oder hier: https://youtu.be/OLeMErzPtQQ?si=LuLVPYhuYiARPyIG

Der wichtigste Teil dieses Prozesses: Zuerst wird die sachliche Beobachtung der Teilnehmer eingesammelt und dann festgestellt, ob die geplanten Ziele erreicht sind. Erst danach stellt man subjektiv fest, welche Faktoren zu diesem Ergebnis geführt haben und was man anders machen kann.

Nicht für alle Teilnehmer ist diese Methode geeignet: Wer selbst keine ausreichende und objektive Wahrnehmung liefern kann, der ist mit dieser Technik oft überfordert. Das ist oft bei Personen der Fall, wenn diese in der Situation unter Stress stehen. Ein gutes Beispiel ist der OWD Kurs: Hier nehmen die Teilnehmer oft die Situation ganz anders wahr als der Instruktor. Es kann eine gute Lösung sein, die eigene objektive Wahrnehmung als Instruktor zu schildern und den Prozess mit dieser fortzuführen.

Eine Methode beim Debriefing braucht immer eine gewisse Zeit, um akzeptiert zu werden und muss sich auch erstmal in der Gruppe einspielen. Deshalb funktioniert die Methode in fixen Gruppen oft besser und es braucht auch ein wenig Übung…

Wenn man selber der Empfänger ist

Die meisten von uns sind auch früher oder später in der Situation, dass uns selbst Feedback zur eigenen Person oder zur eigenen Performance erreicht. Und fast jeder hat schon einmal die Erfahrung gemacht, dass man beim Erhalt von Feedback ein flaues Gefühl im Magen hat: Man kann die fremde Meinung nicht richtig greifen, hat selber ein ganz anderes Bild - aber widersprechen mag man dann auch nicht.

Wir alle sind gesellschaftlich so sozialisiert, dass wir Feedback immer annehmen sollen und den Personen um uns herum das Leben so einfach wie möglich machen. Das kann in Kombination mit unsachgemäßem Feedback aber auch eine ungute Kombination sein. Wir haben schon beinahe Tauchbuddies verloren, weil diese bei einem Instructor ein wenig hilfreiches Feedback erhalten hatten und dieses nicht einzuordnen wussten. Darüber wäre dann fast die Freude am Tauchsport verloren gegangen.

Um es ganz deutlich zu sagen: Wir sind der Meinung, dass man immer versuchen sollte, geeignetes Feedback anzunehmen und zu verarbeiten.

Leider ist allerdings nicht jedes Feedback geeignet. Daher macht es Sinn, sich bei jedem erhaltenen Feedback zu fragen:

  • Was ist die Qualifikation des Feedback gebenden?
  • Ist das Feedback gut gemeint?
  • Ist das Feedback anwendbar und konkret?

Letzten Endes entscheidet jeder von uns selber, ob er Feedback annehmen will oder nicht. Diese Entscheidung muss man nicht sofort treffen, sondern kann das auch mit ein wenig Abstand entscheiden. Und ganz im Ernst: Nicht an jedem Tag ist man in der Verfassung, Kritik anzunehmen. Es ist okay, Feedback abzulehnen! Entweder im Stillen oder auch ganz offen - dann am besten mit einer kurzen Erklärung versehen, um das gegenüber nicht abzuweisen.

Eine gute Atmosphäre schaffen

Feedback ist davon abhängig, in welcher Atmosphäre es gegeben wird. Im Idealfall erfolgt dieses in einer geschützten Atmosphäre, welche es dem Empfangenden ermöglicht, die Vorschläge anzunehmen und ihn nicht in eine abwehrende Haltung drängt. So kann es situativ angemessen sein, Feedback unter 4 Augen zu geben. Aber auch in einer Gruppe ist gutes Feedback möglich und kann sogar den anderen Personen einen Lerneffekt ermöglichen. Hier ist es essentiell, die Absicht des Feedbacks zu kommunizieren und eine geschützte Lernumgebung zu schaffen.

Prinzipien für ein gutes Feedback

Die folgenden Elemente können als eine Art Rahmen für ein gutes Feedback gesehen werden. Natürlich ist es nicht immer möglich, alle Punkte optimal zu gestalten. Aber oftmals lässt sich erstaunlich viel optimieren. Pro Tipp für Instruktoren: Die Liste in die Wetnotes legen und am Abend den Trainingstag Revue passieren lassen: Was hätte ich heute anders gestalten können? So entdeckt man nach einer gewissen Zeit viele verschiedene Optionen für ein gutes Debriefing unter den individuellen Umständen…

Die folgenden Punkte stammen aus dem Englischen aus einem Artikel von Chris Spalton unter https://psychsafety.co.uk/giving-feedback-with-psychological-safety/

  • Well intentioned (“In guter Absicht”) Feedback sollte zum Ziel haben, dem Empfänger oder der Gruppe etwas Gutes zu tun. Meine eigene Stellung oder Laune hat darin nichts verloren.
  • Non-trivial (“Mehr als nur trivial”) Wenn ein Feedback aus etwas besteht, was der Empfänger schon weis, dann ist es unnötig.
  • Truthful (“Wahrhaftig / Wahrheitsgemäß”) Feedback sollte ehrlich sein. Das heißt: Nicht beschönigen und ehrlich auf Rückfragen antworten. Wenn etwas gefährlich war, dann darf man das auch so sagen. Ehrliches Relativieren ist erlaubt.
  • Consensual (“Im gegenseitigen Einverständnis") Feedback macht nur dann Sinn, wenn der Empfänger es auch annehmen möchte. Deshalb im Zweifelsfall fragen: “Darf ich dir Feedback geben?” Ein “Nein” ist dann auch zu respektieren.
  • Actionable (“Umsetzbar”) Ein Feedback macht nur dann Sinn, wenn es Elemente enthält, die das Gegenüber umsetzen kann. Deshalb Abstand nehmen von umständlichen oder langwierigen Ideen und lieber eine Idee liefern, die sofort realisierbar ist.
  • Timely (“Im zeitlichen Zusammenhang”) Feedback sollte im zeitlichen Zusammenhang mit dem Verhalten stehen. So sind Emotionen und Erinnerungen noch frisch, was beim Lernprozess hilft. In manchen Fällen kann ein kurzer Zeitverzug helfen, Emotionen runterzufahren. Das macht in sehr emotionsgeladenen Situationen Sinn. Auch ein zweigeteiltes Feedback ist möglich, wenn das offen kommuniziert wird: “Das war beim aktuellen Tauchgang das Problem - vor dem nächsten schauen wir uns die Lösung an…”
  • Specific (“Spezifisch”) Das Feedback muss auf die Situation anwendbar sein und sollte nicht zu allgemein gehalten sein.
  • Private (“Im privaten gegeben”) Die Atmosphäre spielt eine große Rolle dabei, ob Feedback angenommen wird. Also lieber im privaten besprechen oder in einer Gruppe auf eine geschützte Atmosphäre achten.
  • Delivered from your perspective, not that of others (“Aus der eigenen Sicht”) Feedback sollte ich aus meiner eigenen Perspektive formulieren. Nur diese kann ich sicher beurteilen - alle anderen Perspektiven sind immer eine Interpretation oder Vermutung, welche Rückfragen erschweren.
  • A two-way conversation (“Ein Dialog”) Feedback ist kein Paket, was abgeliefert wird. Vielmehr muss es im Dialog erlaubt sein, Rückfragen zu stellen und gemeinsam Ziele zu besprechen. Alles andere ist kein Feedback sondern eine “Ansage”.
  • Focused (“Fokussiert”) Niemand kann sich auf alle Lernfelder gleichzeitig konzentrieren. Deshalb lieber ein Problem herausgreifen, was gerade am wichtigsten erscheint. Andere Dinge kann man später angehen…
  • About behaviours and performance, not personalities or style (“An Verhalten und Leistung ausgerichtet, aber nicht an der Persönlichkeit oder dem Stil”) Leistung und Verhalten kann man ändern. Den persönlichen Stil oder wesentliche Persönlichkeitszüge einer Person werden wir im Rahmen eines Feedbacks aber nicht ändern. Deshalb hat Kritik an der Introvertiertheit oder der Vorliebe für rosa Flossen nichts im Feedback verloren…
  • Combined with positive encouragement (“Mit ermutigendem Inhalt kombiniert”) Jeder Mensch tut sich einfacher, Feedback umzusetzen, wenn er einen ermutigenden Inhalt dazu erhält. Das kann etwas sein, was gut geklappt hat. Das positive Feedback muss allerdings glaubwürdig sein.

Feedback ist ein weitaus komplexeres Thema als man zuerst annehmen würde. Nicht umsonst gibt es Personengruppen, die Wochen und Monate daran studieren. Aus der eigenen Erfahrung müssen wir zugeben: Feedback ist ein schwieriges Feld und auch nach jahrelanger Übung gibt es immer noch Situationen, in denen wir dazu lernen.

Trotzdem ist Feedback und Feedbackkultur ein essentieller Bestandteil des Lernens von Individuen und Gruppen. Deshalb lohnt es sich, den extra Weg zu gehen und sich mit den Grundlagen zu beschäftigen.

Als Profis können wir mit gutem Feedback die Compliance unserer Schüler sicherstellen und Ihnen ein gutes Lernerlebnis ermöglichen. Das hebt uns von der breiten Masse ab und stellt somit auch den wirtschaftlichen Erfolg des Centers sicher.

Pro Tip zum Schluss: Auch als Instruktor dürft ihr Feedback von euren Teilnehmern einfordern. Am besten in einer konstruktiven und umsetzbaren Form. Bspw: Was hat euch gut gefallen und möchtet ihr öfter machen? Was hättet ihr lieber anders gehabt?

In diesem Sinne: Stay safe und gut Luft!